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Wiederaufbau der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in Caluquembe
Kommt man früh am Morgen, noch vor dem Morgengrauen, von der Provinzhauptstadt Lubango in das 190 km weiter nördlich im Hochland gelegen Caluquembe, kann man Ungewöhnliches sehen für Angola: Bauern und Bäuerinnen sind im Eilschritt unterwegs zu ihren Feldern. Die Menschen hier sind harte Arbeit gewohnt. Am Straßenrand türmen sich Maissäcke unter Abdeckplanen auf. Hier wird wieder Überschuss produziert. Aber niemand kauft den Mais.

Das Gebiet wurde einst hart getroffen im Bürgerkrieg. Vertreibungen zerstörten die Produktionsbasis der Bauern. Noch immer sind die Straßen in katastrophalem Zustand. Die kleinen Handelsposten der Landhändler aus der Kolonialzeit sind Ruinen. An ihnen vorbei fahren die schweren Lastzüge mit Agrarimporten aus Namibia: Kartoffeln, Zwiebeln, Obst. Es ist unverständlich für die Bauern, warum der Wüstenstaat all diese Marktkulturen in das regenreiche Angola liefern kann, zur Versorgung der großen Städte wie Huambo und Luanda, während sie sogar auf ihrem Mais sitzen bleiben. Dabei könnten sie viel mehr als nur Mais.

Ein integriertes ländliches Entwicklungsprojekt lässt sich nicht vom grünen Tisch aus planen. Seit 2002 laufen die Vorbereitungen für das Landwirtschaftliche Wiederaufbauprojekt in Caluquembe bei OIKOS und der angolanischen Partnerorganisation MAFIKU. Gemeinsame Beratungen mit den künftigen Beteiligten sind dabei wichtig.

Auf dem Weg zum Feld…

Ruine eines Handelspostens
Etwa 350 Männer Frauen und Kinder sind in dem kleinen Ort Cafifi zusammengekommen, um mit dem MAFIKU-Team über die mögliche Hilfe zu sprechen. Offenbar war dies nicht der erste Besuch einer Hilfsorganisation im Dorf, seitdem das Gebiet wieder zugänglich ist. Aufgeregt erklärt ein junger Mann: „Es ist schön, dass ihr hier seid, um uns zu helfen. Aber kommt uns jetzt nicht mehr mit diesem Nothilfemais. Wir wollen diese Sorten nicht, die aus dem Ausland kommen. Wir haben inzwischen unsere eigenen Sorten zurückgeholt. Was wir hier wollen, ist etwas für die Zukunft.
Frauen auf der Dorfversammlung
Wir können hart arbeiten, aber nicht für etwas, was niemand kauft.

Wir hungern hier nicht mehr. Aber wir haben kein Geld, um uns Schuhe zu kaufen. Der Lehrer rennt uns weg, weil wir ihm nichts geben können, damit er unsere Kinder unterrichtet. Die Schule sieht noch aus wie im Krieg, ohne richtiges Dach. Die Kinder müssen sich die Stühle von zu Hause mitbringen, wenn sie dort überhaupt welche haben. Wir können uns nicht mal Medizin kaufen, wenn unsere Frauen krank sind. Das ist doch kein Leben.

Wir wollen nichts zum Leben geschenkt, wir wollen arbeiten. Aber dazu brauchen wir die richtigen Sachen: Saatgut für gutes Gemüse. Wir wollen auch Kaffee wieder anbauen, das haben unsere Väter immer gemacht. Und Weizen. Wenn ihr so etwas habt, dann können wir reden.“

Beim Dorfrundgang führen uns die Bauern zu einem kleinen Bach. Am lehmigen Bachufer zeichnen sich wabenartige Strukturen ab, eingebackene regelmäßige Ringe. Es sind die Überreste des Kaffeeanzuchtbeetes der portugiesischen Fazenda aus den 50er Jahren. Hier wollen sie ihre eigene Kaffeebaumschule anlegen.

Die Alten berichten auf der Dorfversammlung, wie ihnen früher der Kaffee und das Gemüse Geld gebracht haben

Reste der kolonialen Kaffeewirtschaft: Pflanzbeutel eines Anzuchtbeetes
Mit dem Projekt wird in den Jahren 2006-2008 der Wiederaufbau einer diversifizierten Landwirtschaft für insgesamt 15 000 Kleinbauern unterstützt. Zu den geplanten Maßnahmen gehören u.a.:
  • die Anlage von Bewässerungskulturen für 400 Kleinbauernfamilien
  • die Unterstützung der Anlage von ca. 300 Familienparzellen mit Kaffee und die Unterstützung bei der Vermarktung
  • die Einrichtung von Dorfmühlen für insgesamt 2900 Familien
  • die Wiederbelebung von 55 Dorfhandwerkstätten.

Erstes eigenes Kaffeeanzuchtbeet der Kleinbauern
Übergang von der unmittelbaren Nachkriegshilfe zu ländlicher Entwicklung:

Die Situation seit Kriegsende hat sich gründlich verändert. Die Rücksiedlung der Flüchtlinge und Ex-Kombattanten ist weitgehend abgeschlossen. Die Produktion von Grundnahrungsmitteln (Mais, Bohnen) ist lokal wieder auf einem Stand, der Hunger weitgehend ausschließt. Eine weitere Förderung der Maisproduktion macht nur Sinn, wenn Aufkauf möglich ist und die Möglichkeit der Arbeitsteilung in der Landwirtschaft, d.h. Mais gegen andere Kulturen wie Gemüse, Kaffee getauscht werden kann. Nur ein solches breites Angebot an Agrarprodukten wird auch die Landhändler wieder anziehen und so den Stadt-Land-Austausch beleben. Deshalb ist jetzt eine integrierte Landwirtschaftshilfe erforderlich. Sie knüpft an das landwirtschaftliche Potenzial des Gebietes vor der Kriegszeit an und kann damit nicht nur lokal ein Mindestniveau der Nahrungssicherheit aufbauen, sondern die Agrarproduktion und den Austausch darüber hinaus ankurbeln. Dann wird auch endlich die Nahrungsmittel-Versorgung von außen aufhören, an ihre Stelle treten längerfristige produktive Projekte und sogar Investitionen.

Mühlen ersetzen Stampfkeulen: Motor-Mühlen für die Maisverarbeitung sind extrem wichtig, nicht nur für die Erleichterung der Arbeit der Frauen, sondern weil die Maisproduktion bereits über dem Eigenbedarf liegt, d.h. vermarktbar wäre.
Mehr Informationen zum Projekt können Sie in unserem Jahresbericht 2005 lesen. © Fotos: Dr. Bert Maciy
Download Jahresbericht, ...
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